Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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207. An Goethe

den 21ten Jenner 1794

Lieber Sohn! dein letzter Brief hat mir einige Unruhe verursacht – die Sache ist von zu großer Wichtigkeit um nicht reiflich überlegt, und verlohnt der Mühe daß mann sie von mehr als einer Seite betrachtet. Nach meiner Einsicht steckts du dich in eine unübersehbahre Last! Wäre unser Hauß wircklich verkauft, so wäre die Sache noch ehnder thulich, denn Schlosser würde keine Einwendungen machen – kann mann denn aber in den jetzigen Zeitläuften nur die minstete Hoffnung zum baldigen Verkauf haben – ist nur einige Wahrscheinlichkeit da um zu glauben, daß dieser kommende Feldzug der letzte seyn wird – und wer wird in diesen Trubelen ans Kaufen dencken! Nun überlege! Du bist also genöthig da du kein Geld hast 45000 rth. zu verintreßiren – und Gott weiß wie lange zu verintreßiren – kanst du mir denn den Ausgang dieses leidigen Kriegs sagen – weiß du denn ob uns unsere Besitzthümer bleiben? daß du Güter zum voraus drauf kaufen wilsts – verkaufe doch die Haut nicht biß du den Bären hast. Ich bin ruhig und in völligem Zutrauen zu Gott daß alles gut gehen wird – aber die Zeit und wann ja das weiß ich nicht – und wenn ich dich in oben gesagter Verlegenheit wüßte, das würde mich mehr ängstigen, als alle ohne Hoßen in gantz Franckreich. Thue jetzt was und wie du es vor gut finstest – mein Versprechen halte ich – das zu lößende Geld aus dem Hauß soll du auch alleine baden – mehr kann ich nicht sagen: Nur noch eins – Das Gut scheint mir zu groß vor dich – du bist kein Landmann – hast andre Lieblings Beschäftigungen – wirst leicht zu bevortheilen seyn u. s. w. und wenn du denn ein Gut haben wilst – muß es den eins um so einen enormen preiß seyn. Wie du hir warst, so sprachst du von einem von viel geringerem Gehalt – aber 45000 rth!! da wurde mir ganz schwindlich vor den Augen. Noch einmahl – thue was du wilst – nur ängstige mich nach geschenen Sachen nicht – auch mit den 3 procent will ich zufrieden seyn – Ich will ja alles thun, was ich kan und vermag, nur mögte meine paar Jahre noch ruhig durchleben – das ist das einzige was begehrt und verlangt

Deine
treue Mutter
Goethe.

N. S. Dancke dem braven Götze vor sein Anerbieten – und vor das überschickte Modenjournahl.


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