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3. Benedictus VII. Papst 974. Er befördert die cluniazensische Reform. Er restauriert Kirchen und Klöster. Das Kloster St. Bonifatius und Alexius auf dem Aventin. Legende von St. Alexius. Italienischer Zug Ottos II. Seine Anwesenheit in Rom zu Ostern 981. Sein unglücklicher Feldzug in Kalabrien. Johann XIV. wird Papst. Tod Ottos II. in Rom am 7. Dezember 983. Sein Grabmal in St. Peter.
Nach der Flucht des Bonifatius war die Papstwahl schwierig; ein heiliger Mann, Majolus von Cluny, welchem Otto II. die Tiara bot, schlug sie aus, und endlich wurde Benedikt VII., bisher Bischof von Sutri, im Oktober 974 Papst. Daß er ein Neffe oder Enkel Alberichs gewesen sei, kann nicht erwiesen werden. Er verdammte auf einem Konzil Bonifatius, worauf er ein kräftiges Regiment zu führen begann. Neun Jahre behauptete er sich darin, obwohl Otto mehr als fünf Jahre von Italien fernblieb. Die Gegenpartei wurde demnach von der deutschen Faktion niedergehalten, unter Umständen, die uns dunkel geblieben sind.
Benedikt VII. bemühte sich eifrig um die cluniazensische Reform und sorgte für die Restauration von Kirchen und Klöstern. Im Hof der Abtei Santa Scolastica zu Subiaco bewahrt noch ein Stein mit rohen Reliefs die Inschrift, welche sagt, daß dieser Papst am 4. Dezember 981 die neue Klosterkirche geweiht hat. Er erneuerte auch das Kloster St. Bonifatius und Alexius auf dem Aventin, welches in jener Zeit das berühmteste in Rom wurde. Obwohl die Stadt seit Jahrhunderten mit Klöstern erfüllt war, so erreichten diese doch nicht die Bedeutung italienischer, deutscher und fränkischer Abteien. Ehemals hatte die Stiftung Gregors I. auf dem Coelius als Pflanzschule der Missionare Englands geglänzt. Diese ehrwürdige Abtei St. Andreas und Gregor dauerte noch fort, aber viele andere waren verfallen, und wir bemerkten die Sorge Alberichs um ihre Herstellung. Am Ende des X. Jahrhunderts begann St. Bonifatius auf dem Aventin aufzublühen und bald zu einer Missionsanstalt für die slawischen Länder zu werden.
Die Kirche jenes Heiligen war sehr alt, denn der Sage nach hatte Euphemianus zur Zeit des Kaisers Honorius dort seine Paläste zu ihrer Errichtung hergegeben. Der Sohn dieses Senators war Alexius, der Held einer der schönsten Legenden von der christlichen Selbsterniedrigung. Der vornehme Jüngling verließ seinen von Lichtern und Gästen strahlenden Hochzeitssaal; statt seine kaiserliche Braut zu umarmen, richtete er an sie eine Predigt von der Eitelkeit aller irdischen Lust, und gehüllt in ein unscheinbares Gewand, pilgerte er in die entferntesten Wüsten der Welt. Nach Verfluß vieler Jahre kehrte er wie Odysseus als Bettler heim; er legte sich unter die Treppe seines väterlichen Palasts, über welche die Dienerscharen ihn verhöhnend auf- und abstiegen. Siebzehn Jahre lebte er dort, wie ein Hund getreten und genährt, dann starb er schweigend als Held; aber seine von ihm selbst verfaßte Lebensgeschichte, die er in der Hand hielt, entdeckte ihn, und angelische Stimmen machten seine Größe wie seine Abkunft offenbar. Der tote Senatorsohn wurde unter der Treppe hervorgezogen und unter dem Zulauf der Römer vom Papst und Kaiser im St. Peter bestattet. Später gesellte man ihn als Heiligen dem St. Bonifatius hinzu; beide werden erst seit dem Ende des X. Jahrhunderts zusammen genannt, jedoch findet sich in Grabschriften der Zeit Benedikts VII. nur der Titel Bonifatius allein. Wahrscheinlich bestand neben der alten Kirche, einer Diakonie, schon ein Kloster; beide verfielen, bis jener Papst sie im Jahre 977 dem griechischen Metropoliten Sergius übergab. Dieser war als Flüchtling vor den Arabern aus seinem Bistum Damaskus nach Rom gekommen, gründete das Kloster St. Bonifatius und wurde sein erster Abt. Obwohl dasselbe die Regel Benedikts erhielt, lebten doch auch Basilianer dort neben den Lateinern. Sergius wird sich gerade nach dieser Kirche gewendet haben, weil sie eine griechische Ansiedlung gewesen war. Denn der dortige Bezirk hieß Blachernae, St. Bonifatius selbst hatte in Tarsus den Tod gefunden, und endlich waren Euphemianus, dessen Gemahlin Aglae und ihr Sohn Alexius Griechen, wie es die Namen sagen. Hier nun lebte Sergius von Damaskus bis 981, worauf Leo Abt wurde, und bald war das neue Kloster der Sammelpunkt einiger ausgezeichneter Männer, von denen wir noch reden werden.
Benedikt VII. konnte indes nicht immer in Frieden seiner Sorge um die Kirchenzucht nachgehen. Hätten wir genaue Berichte von jener Zeit, so würden wir ihn wohl im Kampf mit der Gegenpartei, vielleicht auf der Flucht sehen. Zu den Gründen für den Romzug Ottos II. gesellten sich auch dringende Rufe des Papsts, ihn von seinen Bedrängern zu befreien. Seit dem Falle Berengars und seiner Söhne, seit der Besetzung der einflußreichsten Bistümer und Grafschaften Oberitaliens mit Anhängern des Sachsenhauses bot sich nur Unteritalien als Schauplatz für die Unternehmungslust eines jugendlichen Kaisers dar. Denn Rom und Italien zitterten noch immer vor den Sarazenen; ihre Burg zwar in Fraxinetum hatte Wilhelm von der Provence im Jahre 972 zerstört, aber ihre Glaubensbrüder setzten die Raubzüge aus Sizilien nach Kalabrien fort. Es galt außerdem, die Griechen zu bekämpfen, die den Verlust Capuas und Benevents herzustellen trachteten, es galt, Apulien unter das deutsche Zepter zu bringen, und endlich, Sizilien zu erobern. Mit dem glühenden Verlangen, solche Taten auszuführen, kam Otto II. im Herbst 980; er feierte die Weihnachten in Ravenna, wo er vielleicht den Papst traf; erst zu Ostern 981 ging er nach Rom. Mit ihm waren seine Mutter Adelheid, seine Gemahlin Theophano, die Äbtissin Mathilde von Quedlinburg, seine Schwester, Herzog Hugo Capet von Frankreich, König Konrad von Burgund und viele andere Fürsten und Herren.
Kein gleichzeitiger Chronist erzählt, daß Otto die Rebellen vom Jahre 974 bestraft habe; nur spätere Berichte fabeln, er habe nach der Weise Caracallas den Römern an den Stufen des St. Peter ein Verrätermahl gegeben, während dessen er einigen die Köpfe abschlagen, die anderen aber weitertafeln ließ; eine sinnlose Sage, die noch heute hie und da von italienischen Historikern nacherzählt wird. Der junge Kaiser, vor dessen Zorn sich Crescentius damals wohl in die Mönchskutte flüchtete, verließ Rom im Juni oder Juli, um sich nach Unteritalien zu wenden, und dort rüsteten sich die Griechen (es herrschten gerade in Byzanz die Brüder Theophanos Basilius II. und Constantin IX.) und die Sarazenen unter Abul-Kasem von Palermo zu seinem Empfange. Die Kämpfe Ottos in jenen Provinzen, in denen das westliche und östliche Reich und der Islam schon seit so langer Zeit miteinander zusammenstießen, waren unglücklich. Nach der gewonnenen und wieder verlorenen Schlacht bei Stilo am 13. Juli 982, wo die Blüte des deutschen und italienischen Adels von Sarazenensäbeln niedergemäht ward, nach seiner abenteuerlichen Rettung aus dem griechischen Schiff, welches den Flüchtling nach Rossano geführt hatte, ging er nach Capua zurück. Seine Pläne waren zertrümmert; die Byzantiner triumphierten, und hätten sie den großen Sieg des Islam zu benutzen vermocht, so würde der griechische Kaiser seine Exarchen vielleicht in Ravenna, seine Päpste in Rom eingesetzt haben. Bestürzt umstanden Otto die Großen des Reichs zu Verona im Juni 983; das Kind Otto (III.) wurde dort zum Könige Deutschlands und Italiens erwählt, und der Kaiser eilte darauf nach Unteritalien zurück, den neuen Feldzug zu betreiben. Er ging nach Rom, wo der Tod Benedikts VII., welcher im September oder Oktober 983 starb, seine Anwesenheit nötig machte.
Zu dessen Nachfolger erhob er den Reichskanzler Petrus von Pavia, Johann XIV.; aber kaum hatte er dies getan, als er selbst tödlich erkrankte. Die Anstrengungen der letzten Zeit hatten seine Natur erschüttert, die nicht aus dem festen Stahle des Vaters gebaut war. Um sein Sterbelager versammelte der junge Kaiser Freunde und Gefährten; er vermachte seine Schätze den Kirchen und Armen, seiner Mutter Adelheid, seiner einzigen Schwester Mathilde und endlich seinen Kriegern, die aus Liebe zu ihm ihr Vaterland verlassen hatten; er beichtete dem Papst im Beisein der Bischöfe und Kardinäle, empfing die Absolution und starb im kaiserlichen Palast am St. Peter am 7. Dezember 983, in seinem achtundzwanzigsten Lebensjahre.
Der einzige Kaiser deutschen Stammes, welcher in Rom starb und beigesetzt ward, erhielt sein Grabmal im östlichen Teil des Paradieses des St. Peter links vom Eingange. Seine Leiche wurde in einen antiken Sarg versenkt, der mit dem Bildnis eines Konsuls und seines Weibes geschmückt war. Auch die alten Römersärge wanderten in Rom, gleich den Säulen schöner Tempel; und wie sich der lebende Kaiser germanischer Nation in die Titel und Formen, so hüllte sich auch der tote in den Sarkophag des Altertums. Über Ottos Grabmal wurde ein Musiv in der Wand befestigt, den segnenden Heiland zwischen St. Peter und Paul darstellend. Dies merkwürdige Bild, heute in den vatikanischen Grotten eingemauert, ist ein Denkmal der damaligen Kunst. Die schlechte Technik daran ist noch besser als jene der Zeit Johanns VII. Der Ausdruck des Christushauptes mit langem, schwarzem Haar ist würdevoll; Zeichnung und Licht sind mangelhaft, namentlich in den beiden Aposteln, von denen Petrus einen Bund von drei Schlüsseln trägt. Ohne Zweifel ließ Theophano dieses Musiv verfertigen und über dem heidnischen Sarge einsetzen, der ihren Gemahl umschloß. Die deutschen Pilger konnten sieben Jahrhunderte lang dieses Kaisergrab voll Pietät betrachten, bis es beim Neubau der Basilika unter Paul V. vernichtet wurde. Man nahm die Leiche des Kaisers aus dem Sarkophag, unter Beisein eines Notars, der die Angaben von dem kleinen Körperbau Ottos II. beglaubigt hat. Man mißgönnte ihm sogar die antike Urne, die man grabschänderisch den Köchen des Quirinals zum gemeinen Gebrauch eines Wasserbehälters überließ, und man versenkte die Asche des Kaisers in einem andern Marmorsarg, welchen man mit Stuck überwölbte. So wird das Grab noch jetzt in den Grüften des Vatikan gesehen, wo Otto II., nahe bei seinem Verwandten Gregor V., in der tragischen Versammlung von Päpsten schläft, die dort als Mumien in ihren Sarkophagen liegen, im Dämmerdunkel jener merkwürdigen Grotten, welche man nicht durchwandert, ohne von dem Wehen der Geschichte berührt zu sein.