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3. Verfall der Künste in Rom. Die Treppe von Aracoeli. Das Hospital am Lateran. Restaurationen von Basiliken. Der Lateranische Palast verfällt. Urban V. beginnt den Umbau der Lateranischen Basilika. Das gotische Tabernakel daselbst. Die Apostelhäupter. Umbau der Engelsburg durch Bonifatius IX. Der bedeckte Gang. Befestigung des Senatspalasts durch denselben Papst. Dortige Wappenschilder. Verfall der Malerei. Pietro Cavallini. Monumentale Skulptur. Grabplatten. Paulus Romanus. Monumente von Kardinälen: Philipp d'Alençon; Petrus Stefaneschi Annibaldi; Marino Vulcani.
Noch dürftiger als die literarische war die künstlerische Kultur Roms im XIV. Jahrhundert. Ihre bemerkenswerte Entwicklung in der letzten Hälfte des XIII. wurde in der avignonesischen Zeit jählings abgebrochen. Die Schule der Cosmaten zerfiel; der Einfluß Giottos verlor sich; keine bedeutende Aufgabe beschäftigte die brotlos werdenden Künstler.
Der Bau der hohen Treppe von Aracoeli war die einzige öffentliche Leistung der römischen Architektur während der ganzen Epoche Avignons. Diese Treppe von 124 Marmorstufen wurde am 25. Oktober 1348 als Weihgeschenk für die Madonna jener Kirche begonnen, weil man ihrem Heiligenbilde die Erlösung von der Pest zuschrieb. Man behauptete in späterer Zeit, daß die Marmorstufen vom Tempel des Quirinus hergenommen wurden, doch diesen Tempel bedeckt tiefstes Schweigen während des Mittelalters. Die Stufen sind ungleich und wohl von mehr als einem Monument geraubt; einige waren ursprünglich christliche Grabplatten, wie noch vermischte Inschriften zeigen, sei es, daß sie schon beim Bau oder bei späteren Restaurationen verwendet wurden. Cola konnte diese prachtvolle Marmortreppe emporsteigen, als er zum zweitenmal auf dem Kapitol regierte; doch vorher muß ein schlechter Aufstieg zu jener Kirche des Senats geführt haben.
Mit diesem Werk entstand zu gleicher Zeit das Hospital der Brüderschaft des Salvator ad Sancta Sanctorum am Lateran.
Alles was sonst Päpste und Kardinäle an Rom gewendet hatten, floß in der Epoche Avignons dieser Rhonestadt zu, wo die großartige Papstburg ungezählte Millionen verschlang. Der Verzweiflungsschrei der Römer über den Verfall ihrer Basiliken nötigte den französischen Päpsten nur dann und wann den Befehl ab, jene wiederherzustellen. Benedikt XII. setzte dafür 50 000 Goldgulden aus. Im Jahre 1341 ließ dieser Papst das Dach des St. Peter erneuern. Während dieses Umbaus wollte man noch einen Balken aus der Zeit Constantins gefunden haben, und edle Römer ließen sich daraus Tischplatten schneiden.
Vatikan und Lateran, sowohl die Paläste als die Basiliken, befanden sich im Ruin, als Urban V. nach Rom kam. Den Lateranischen Palast hatten zwar die Päpste seit Clemens V. herzustellen gesucht, doch ihre alte Residenz erstand nicht mehr; denn als sie zurückkehrten, nahmen sie ihren Sitz dauernd im Vatikan; der ehrwürdige constantinische Palast blieb in Trümmern, bis Sixtus V. einen neuen Bau aufführen ließ. Dagegen machte sich Urban V. an den Wiederaufbau der Lateranischen Basilika, die ein zweiter Brand im Jahr 1360 zerstört hatte. Er übertrug dieses Werk dem Architekten Giovanni Stefani von Siena. Der Umbau war so gründlich und wurde durch so lange Zeit fortgesetzt, daß der alte Charakter der Basilika Sergius' III. darin unterging. Das Denkmal Urbans V. ist das noch dauernde hohe Tabernakel des Hauptaltars gotischen Stils von weißem Marmor, getragen von vier Granitsäulen, mit Skulpturen und Bildern geschmückt. Gregor XI. vollendete daran die Ornamente, und noch spätere Päpste zierten es mit Pracht. Urban legte dort die fabelhaften Häupter der Apostelfürsten nieder, welche der Legende nach St. Silvester in der Kapelle Sancta Sanctorum verwahrt hatte. Er schloß sie in silberne Brustbilder ein, Werke des Goldschmieds Giovanni Bartoli von Siena, noch barbarischer Form, wie man aus den Abbildungen schließen darf. Karl V. von Frankreich hatte sie mit Edelsteinen geschmückt. So kostbare Schätze ließ Urban, als er nach Avignon zurückkehrte, nur mit Argwohn in Rom, wo Volk und Senat zu sehr bewundernde Blicke auf die diamantenen Lilien und das massive Gold und Silber richten konnten. Er stellte sie in den Schutz einer Bulle. Die angedrohte Exkommunikation schreckte vielleicht Balthasar Cossa und die Neapolitaner zurück, nicht aber Geistliche vom Lateran selbst, welche im Jahr 1434 die Edelsteine stahlen. Die französischen Republikaner zerstörten am Ende des XVIII. Jahrhunderts die Denkmäler eines frommen französischen Papsts; die heutigen silbernen Brustbilder sind nur Nachbildungen der alten aus dem Jahre 1804.
Das Schisma unterbrach die Wiederherstellung der Stadt. Nur unter Bonifatius IX. wurden zwei Bauten unternommen, an der im Jahre 1379 zerstörten Engelsburg und dem Senatspalast. Der Papst ließ das Grabmal Hadrians seit 1395 durch Niccolò von Arezzo in Form eines Turmes wieder aufbauen. Von Johann XXIII. war dies Kastell mit dem Vatikan vermittelst eines bedeckten Ganges verbunden worden; doch muß ein solcher bereits vorher bestanden haben, weil Niem bemerkt, daß in der Verbindungsmauer ehemals Ehebrecherinnen und andere büßende Frauen eingeschlossen wurden; ferner, daß der Gang schon im Gebrauch war, da man bisweilen aus dem Palast Gefangene auf diesem Weg in die Engelsburg schaffen ließ. Es ist wahrscheinlich, daß die erste Anlage des Ganges von Nikolaus III. herrührte. Johann XXIII. baute ihn wieder auf.
Auch das Senatshaus wurde von Bonifatius IX. in eine Festung verwandelt. Dieser Palast, schon im XIII. Jahrhundert der Sitz der Senatoren, erscheint bereits auf der Goldbulle Ludwigs des Bayern als ein burgähnliches Gebäude von zwei Stockwerken, mit gewölbten Fenstern, einer gewölbten Eingangstüre, wozu eine Treppe führt, und mit zwei Flankentürmen, einem stärkeren und einem schwächeren. Der Bau Bonifatius' IX. im Jahre 1389 kann daher nur eine umfassende Herstellung gewesen sein und wird außerdem in Verschanzungen bestanden haben, wie sie schon Cola angelegt hatte. Als im Jahre 1404 Innocenz VII. das Kapitol wieder zu einem Gemeindepalast machte, konnte dies leicht dadurch geschehen, daß man jene Verschanzungen abbrach. Es war Sitte, daß Podestaten und Häupter der Republiken ihre Wappen an den Gemeindehäusern anbringen ließen, teils in Stein, teils in Farben. Noch heute findet man solche Wappen überall, wo sich Kommunalpaläste erhalten haben, sogar noch aus dem XII. und XIII. Jahrhundert. Auch der römische Senatspalast war damit bedeckt. Leider sind diese Denkmäler, und wohl durch die Restauration Sixtus' IV., vom Kapitol verschwunden, wo sich nur an der linken Seite einige spätere Wappen von Senatoren und Päpsten erhalten haben. Schon im XIV. Jahrhundert wurde in den antiken Gewölben des Senatspalasts das städtische Salz niedergelegt. Die erste Erwähnung davon ist aus dem Jahre 1404 und deutet auf einen schon lange dauernden Gebrauch. Noch heute zeigen die Gewölbe des Tabularium die Spuren des zerfressenden Salzniederschlags.
Dieselben Ursachen, welche die Baukunst in Rom niederhielten, hemmten auch Malerei und Skulptur. Das Zeitalter Giottos, der noch bis 1336 reichte, sah talentvolle Künstler wie Taddeo Gaddi und Orcagna, wie Simon Memmi und Ambrogio di Lorenzetto, und Rom selbst wurde durch den ersten einheimischen Maler von weit verbreitetem Ruf geehrt. Der einsame Name des Pietro Cavallini, welcher auch Bildhauer und Architekt war, füllt hier die Geschichte der Malerei im Zeitalter der Cosmaten und in der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts aus. Vasari hält diesen Römer irrig für Giottos Schüler und Mitarbeiter am Mosaikbilde der Navicella; er war vielmehr älter als Giotto, doch sein Leben ist dunkel, und seine Werke hat die Zeit fast ganz zerstört. Er malte wohl noch im Anfange des XIV. Jahrhunderts in mehreren Kirchen Trasteveres, namentlich in S. Maria, wo sich seine Mosaiken, die untere Reihe in der Tribune bildend, noch erhalten haben. In diesem tüchtigen Werk nahm die musivische Malerei Abschied von Rom; es ist hier die letzte größere Leistung dieser ehrwürdigen Kunst bis auf die modernen Mosaiken im St. Peter. Vielleicht ist mehr als alles andere der Untergang eines Gemäldes von Cavallini in Aracoeli zu beklagen, wo er die Legende von Oktavian und der Sibylla darstellte.
Die Skulptur hat mehr Werke aus jenem Zeitalter aufzuweisen als die Malerei; denn die Pietät, Tote durch Denkmäler zu ehren, dauerte ununterbrochen fort. Überhaupt entsprang die christliche Skulptur, die einzige Kunst, welche die Vollendung der Antike nie erreicht hat, wesentlich aus dem Sarkophag, und ihre höchsten Leistungen zur Zeit Michelangelos stellten sich in einigen Grabmonumenten dar. In der Anfertigung von Grabplatten bestand auch die größte Tätigkeit der römischen Bildhauer. Der Stil derselben ist im XIII. Säkulum bemerkt worden. Er blieb traditionell, obwohl jedes Jahrhundert durch Bild und Schriftcharakter sein eigenes Angesicht ausprägte. Grabplatten mit eingravierten oder erhabenen Gestalten sind zahlreich aus dem Anfange des XIV. Jahrhunderts in Rom, wo zu jeder Zeit Marmor in Fülle vorhanden war. Sie gehören allen Ständen an. Man sieht Geistliche, Ritter, Notare, edle Frauen, Kaufleute, Magistrate, selbst Senatoren darin vertreten. Gegen das Ende des Säkulum werden die Flachreliefs solcher Platten mit mehr Schmuck umgeben. Ein gotisches Tabernakel umfaßt oft das Haupt der Totengestalt. Die Inschrift bleibt durchweg lateinisch, der Schriftcharakter der sogenannte gotische, mit mancherlei Abweichung. Die Renaissanceschrift, das heißt die Rückkehr zu dem römischen Lapidarcharakter, zeigt sich im Anfange des XV. Jahrhunderts, doch geht neben ihr noch die Gotik fort.
Die Entfernung des päpstlichen Hofs entzog den Künstlern jede große monumentale Aufgabe. Keine der Art erinnert in Rom an die avignonesischen Päpste, außer dem Tabernakel im Lateran und einer marmornen Halbfigur Benedikts XII., welche diesem Wiederhersteller des Dachs des St. Peter in der Basilika errichtet wurde; ein noch barbarisches, doch sicherlich porträtgetreues Werk, das man heute in den vatikanischen Grotten sehen kann. Erst mit der Rückkehr des Heiligen Stuhls konnten die Künstler auf ein neues Leben hoffen. Den schismatischen Päpsten wurden Grabmäler im St. Peter errichtet. Sie gingen bei dessen Neubau unter. Daß die monumentale Bildhauerkunst schon am Ende des XIV. Jahrhunderts einen Aufschwung in Rom nahm, beweist noch eine Reihe wohlerhaltener Denkmäler; und wie am Anfange jenes Säkulum der Name eines römischen Malers, so steht am Ende desselben der Name eines Bildhauers, Paulus Romanus, einsam da.
Das dem Todesdatum nach älteste dieser Monumente ist das Grabmal des Kardinals Philipp d'Alençon aus dem Hause Valois, welcher im Jahre 1397 starb und in S. Maria zu Trastevere begraben liegt. Es steht dort neben einem gotischen Altartabernakel, das derselbe Kardinal errichten ließ. Auf dem Sarkophag stellt ein figurenreiches Hochrelief den Tod der Jungfrau Maria vor; eine für Rom fremdartige Auffassung, zwischen welcher und der Weise der Cosmaten die Mittelglieder fehlen. Eben dort steht das Grabmal jenes Kardinals Petrus Stefaneschi Annibaldi, welchen Sforza im August 1417 in die Engelsburg werfen ließ. Der Tote liegt in der Grabnische auf einem Sarkophag, eine sehr massive Gestalt; unterwärts die Inschrift zwischen den Wappenschildern, sechs roten Halbmonden. Am Fries des Sarkophags Spuren von Mosaik. Das Grabmal ist das Werk des Meisters Paulus, noch von ganz römischer Anordnung, noch mit Anklängen an die Weise der Cosmaten, obwohl die gotische Zierlichkeit in breiten und derben Realismus übergegangen ist. Das Monument ist ein historisches Denkmal der letzten Zeit des Schisma. Der Kardinal gehörte dem größten Geschlecht Trasteveres an, welches diesem damals bevorzugten Stadtteil Glanz verlieh. Den Stefaneschi, die das musivische Bild der Madonna in der Tribune der S. Maria machen ließen, verdankte dieselbe Hauptkirche Trasteveres wohl auch die Mosaiken Cavallinis.
In S. Francesca Romana auf dem Forum steht das Grabmal des Kardinals Marino Vulcani von Neapel, der im Jahre 1403 starb. Es hat die Anordnung des vorigen, aber in den oberen Feldern des Sarkophags Hochreliefs von barbarischem Stil, welche den Glauben, die Liebe und die Hoffnung unter dem Bilde gekrönter Weiber darstellen, von denen die eine eine Kirche trägt, die andere einem Pilger Brot reicht, die dritte nach einer schwebenden Krone langt. Die Figuren zeigen einen Rückschritt der Skulptur, aber einen Fortschritt zum Prinzip der Reliefdarstellung auf den Sarkophagfronten. Mit diesem Grabmal schließen wir die Reihe solcher Monumente jener Epoche. Sie führen schon in das Zeitalter der Wiedergeburt hinüber, wo die Kirchen Roms sich mit immer prachtvolleren Werken der Art erfüllten, aus denen jedoch das religiöse Gefühl entwich.