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1. Pius II. geht nach Mantua Januar 1459. Kongreß zu Mantua. Bulle Execrabilis 18. Januar 1460. Gregor von Heimburg. Johann von Anjou Prätendent in Neapel. Tumulte in Rom. Die Tiburtianer. Rückkehr des Papsts 7. Oktober 1460. Vernichtung des Tiburtius. Krieg gegen die römischen Barone und Piccinino. Krieg gegen Malatesta. Anjou in Neapel überwunden. Nepotismus Pius II. Die Piccolomini. Sturz des Malatesta 1463.
Am 22. Januar 1459 verließ Pius Rom mit den Kardinälen Bessarion, Estouteville, Alain, Calandrini, Barbo, Colonna und Borgia. Der lange Zug der Kurie bewegte sich fort zu Roß. Überall strömte das Landvolk herzu, den Papst zu sehen, welcher, wie nie ein anderer vor ihm, das offene Land durchzog, nur von wenigen Bewaffneten gedeckt. Der wanderlustige Piccolomini liebte auch als Papst das Reisen; nur wurde es ihm schon in Narni verleidet, wo sich die gierige Bevölkerung auf ihn stürzte, um das Pallium über seinem Haupte wegzureißen. Schwerter blitzten vor den Augen des Papsts; er konnte sich an die rohe Szene erinnern, welcher einst Friedrich III. auf seiner Romfahrt in Viterbo ausgesetzt gewesen war. Seither stieg er in eine Sänfte, deren Träger alle fünfhundert Schritte wechselten. So wurden vier lange Monate, den Aufenthalt in Städten mitgerechnet, auf der kurzen Entfernung von Rom nach Mantua verbraucht.
Nach einem Besuch bei seiner Schwester Caterina in Spoleto und einer kurzen Rast in Assisi zog Pius II. in Perugia ein, reitend auf einem weißen Zelter, während die Magistrate der Stadt einen purpurnen Baldachin über seinem Haupte trugen. Zwölf weiße Pferde, von Stallknechten an goldenen Zügeln geführt, schritten ihm vorauf. Sein Einzug in der Hauptstadt Umbriens sollte ein königliches Schauspiel sein, denn seit siebzig Jahren war daselbst kein Papst gesehen worden. Er empfing die Huldigungen Federigos von Montefeltre und ersah sich ihn zu seinem General. Drei Wochen blieb er in Perugia, dann schiffte er sich auf dem Trasimenischen See ein, nach Siena zu gehen. Diese Republik, worin die Volkspartei herrschte, sah mit Mißtrauen ihrem Mitbürger entgegen. Sie hatte zwar die Piccolomini wieder aufgenommen, fürchtete aber, daß Pius die Herstellung des gesamten Adels fordern werde. Schon in Rom hatten ihre Boten mit ihm unterhandelt, und sie waren auch in Perugia erschienen: die Signorie begehrte, daß er nicht als Feind der Freiheit komme, sondern sich jeder Einmischung in die Verfassung der Stadt enthalte. Die Bürgerschaft bewaffnete sich voll Argwohn. Nach langen Unterhandlungen holten sienesische Gesandte den Papst bei Chiusi ein, und sie erlaubten ihm, seine Vaterstadt zu betreten. Ehe sich Pius dorthin begab, rechtfertigte er seinen Papstnamen durch den Besuch seines Geburtsorts Corsignano und des Grabes seines Vaters; seine Mutter war vor vier Jahren in Siena bestattet worden. Corsignano beschloß er zum Bistum zu erheben und mit Palästen auszuschmücken. Er gab diesem Flecken den Namen Pienza, und noch heute erinnern dort verödete Prachtbauten an die Pietät Pius II.
Als er am 24. Februar in Siena einzog, erinnerten ihn tausend Dinge an eine Vergangenheit, von welcher er vieles gern mit einem Schleier bedecken mochte, während er freudiger bei jenen Festtagen verweilte, als er Donna Leonora dem Kaiser zugeführt hatte. In dem herrlichen Dom redete er zum Volk von der Größe seiner Republik, die der Kirche einen weltberühmten Papst, Alexander III., gegeben hatte. Er schenkte die goldene Rose der Signorie, aber er erbitterte die Demokraten durch die unkluge Forderung, den Adel wieder zu den Staatsämtern zuzulassen. Der Volksrat gab mit einiger Beschränkung nach. Siena erhob Pius zum Erzbistum und unterwarf diesem Grosseto, Massa, Chiusi, Soana; Radicofani, welches die Sienesen lange vorher unter der Führung eines Piccolomini erobert hatten, verlieh er ihnen als Kirchenlehen auf ewige Zeit.
Gesandtschaften des Kaisers, Spaniens, Portugals, Burgunds, Böhmens und Ungarns trafen in Siena ein, und der Papst bat sie, ihm nach Florenz zu folgen, wo er am 25. April einzog, von den Bürgern festlich eingeholt und geleitet von den Signoren von Rimini, Faenza, Forli und Imola, während ihm Sforza von Mailand, der Verbündete der Florentiner Republik, seinen erstgeborenen Sohn Galeazzo mit glänzendem Gefolge zur Begrüßung schickte. Die Tyrannen des Kirchenstaats, unter ihnen der frevelvolle Sigismondo Malatesta, trugen mit widerwilliger Unterwürfigkeit ihren in der Sänfte ruhenden Lehnsherrn streckenweit auf den Schultern, bis man den Papst in feierlicher Prozession zur Santa Maria Novella brachte, wo auch die Residenz Martins V. und Eugens IV. gewesen war. Außer Venedig blühte damals keine Stadt Italiens herrlicher als Florenz. Das Haupt ihrer Republik war noch Cosimo, ihr erster Bürger, ihr reichster Handelsherr, welcher die Märkte von Europa, Asien und Afrika beherrschte, ein Krösus und zugleich der weiseste Staatsmann Italiens. Man zeigte Pius die Bauten, welche dieser Mäzen hatte entstehen lassen und schätzte ihre Kosten auf 600 000 Goldflorene. Mit Zurückhaltung empfing ihn der kluge Medici; über die italienischen Angelegenheiten sprach er sich nur mit Vorsicht aus. Acht Tage lang blieb Pius in Florenz; man gab ihm zu Ehren Schauspiele, auch Wettrennen zwischen Löwen und Pferden. Er betrauerte den Tod des als heilig verehrten Erzbischofs Antonin, welcher während seines Aufenthalts in jener Stadt starb.
Wenn seine Reise bis dorthin einem Triumphzuge gleich gewesen war, so konnte sich dies ändern, sobald er den Apennin überschritt; denn dort hörte, wenn auch nicht das geographische Reich, so doch der gebietende Einfluß der Päpste auf. Latium, die Sabina, Spoleto und Tuszien, so unsichere Besitzungen St. Peters sie auch waren, lagen wenigstens in der Machtsphäre Roms, aber jenseits des Apennin begann ein anderes Völkergebiet. Die Marken und die Romagna, die fernsten und unruhigsten Provinzen des Kirchenstaats, hatten ihren politischen Pol in Mailand und Venedig. Da lag zuerst das mächtige Bologna, auf dessen himmelhohen Türmen das Wort Libertas geschrieben stand. Dort hatte der Legat der Kirche nicht die geringste Gewalt. Die Bentivogli vielmehr regierten unter der Vormundschaft des weisen und kräftigen Santi. Auf den Rat Sforzas hatten die Bolognesen den Papst schon in Rom eingeladen, ihre Stadt zu besuchen, aber zugleich zehn Scharen mailändischer Reiter in ihre Mauern aufgenommen. Als nun die Bürgerschaft von der Annäherung des Heiligen Vaters hörte, geriet sie in Aufregung, als nahte sich ein der Freiheit todbringender Tyrann. Pius selbst weigerte sich, in Bologna einzuziehen, ehe ihm nicht jene Mailänder Truppen vereidigt und unter den Befehl des jungen Galeazzo gestellt waren; denn dieser war ihm dorthin voraufgegangen. Man verständigte sich: ehrenvoll wurde Pius am 9. Mai eingeholt; kniend reichte ihm der Magistrat die Schlüssel der Stadt, die er den Anzianen zurückgab; die edelsten Bürger trugen seine Sänfte, doch wenn er daraus hervorschaute, dem Volk den Segen zu erteilen, sah er die finstern Paläste von trotziger Jugend in Waffen umringt. Ein geschwätziger Redner, der Jurist Bornio, welcher bei der öffentlichen Begrüßung den anarchischen Zustand Bolognas beklagte und den Papst ermunterte, die Stadt zu reformieren, wurde ins Exil geschickt.
Am 16. Mai verließ Pius mit froherem Herzen, als er gekommen war, das unheimliche Bologna. Man geleitete ihn auf einem Schiff den Po hinab. Hierauf führte ihn Borso, der Herzog von Modena, am 18. Mai nach Ferrara, welches er von der Kirche zu Lehen trug. Diese Stadt war von Volk erfüllt, das aus meilenweiter Entfernung zu den Festen herbeigekommen war; denn mit jeder Art von Huldigung, mit Spielen und Schaugeprängen feierte Borso seinen Gast. Als er sich sodann so große Kosten durch den Erlaß des schuldigen Tributs und die Erteilung der Herzogswürde für Ferrara bezahlt machen wollte, erreichte er seine Absicht nicht. Grollend geleitete er den Papst auf dem Po, welchen schön geschmückte Gondeln durchfurchten, bis zum Gebiete Mantuas. Er versprach, dort zur Zeit sich einzufinden, doch er kam nimmer.
Endlich erreichte Pius am 27. Mai 1459 Mantua. In dieser uralten Stadt Virgils herrschte der feingebildete Lodovico Gonzaga, der Sohn jenes kriegsberühmten Giovan Francesco, welchen Sigismund zum Markgrafen erhoben hatte. Er überreichte dem Papst am Tore kniend die Schlüssel der Stadt, die er ihm zur Verfügung stellte, und er geleitete ihn im Festzuge nach seiner Residenz. Dies von finstern Türmen umringte Schloß wetteiferte schon damals mit dem Urbinos, ehe es Lodovicos Nachfolger zu der großartigsten Herrenburg Italiens erweiterten.
Das Parlament zu Mantua macht in der Geschichte Europas Epoche. Es war der erste wirkliche Mächtekongreß zu einem allgemeinen Zweck. Weil der Türkenkrieg noch als Kreuzzug galt, glaubte sich der Papst berechtigt, nicht allein den Kongreß zu berufen, sondern auch dessen Präsident zu sein. So tief war das Ansehen des Reichsoberhaupts gesunken, daß niemand diese Berechtigung bestritt und daß der Kaiser die Leitung einer europäischen Angelegenheit ruhig dem Papst überließ; freilich sah er das nichtige Resultat voraus. Pius fand sich in seinen Erwartungen getäuscht, denn Mantua war von Gesandten leer; die Mächte Europas, selbst Italiens, beschickten den Kongreß entweder gar nicht oder sehr spät. Zumal hinderte die Belehnung Ferrantes die Pläne des Papsts, indem sie die Parteien erschuf, welche fortan die Gestaltung Italiens bestimmten. Der König Frankreichs vertrat die Ansprüche des Hauses Anjou, und zu Frankreich neigten sich Venedig und Florenz; indem nun auch die Orléans Rechte auf Mailand erhoben, zwang dies Sforza, die Sache Ferrantes zu verfechten. Er schloß mit Pius II. einen Bund. Nachdem er seine Gemahlin und seine fünf Kinder, darunter Galeazzo Maria und die sechzehnjährige Hippolyta, nach Mantua vorausgeschickt hatte, kam er selbst dorthin im September 1459.
Die Boten des im Peloponnes bedrängten Paläologen Thomas und andere von Epirus, Lesbos, Cypern und Rhodus brachten den Hilferuf des letzten Rests des Byzantinischen Reichs vor den Thron des Papsts, und Pius eröffnete die Sitzungen des Kongresses am 26. September. Seine Türkenrede erntete den Beifall ciceronischer Beredsamkeit, ohne den Zuhörern den Ruf Deus lo vult zu entlocken, welcher einst den kunstlosen Worten Urbans II. zu Clermont geantwortet hatte. Nach ihm hielt Bessarion im Namen des Kardinalskollegium eine lange Rede. Die Sitzungen wurden mit glänzenden Phrasen oder mit peinlichen Streitfragen ausgefüllt, bis endlich der Papst die Ergebnisse seiner Anstrengungen in der Bulle vom 15. Januar 1460 zusammenfaßte, wodurch ein dreijähriger Türkenkrieg Europas vom 1. April ab verkündigt und ein allgemeiner Zehnte auf Christen und Juden ausgeschrieben ward. Der Bannerträger dieses Kreuzzuges sollte der Kaiser Friedrich III. sein, und keine größere Karikatur des ersten und zweiten Friedrich würde in diesem Falle die Geschichte gesehen haben. Der ehemalige Schreiber in der Kanzlei zu Wien durfte es sich erlauben, das Oberhaupt des Reichs förmlich zum Generalkapitän des Kreuzheeres zu ernennen. Er schickte Bessarion als Legaten zu ihm; dieser Kardinal erschöpfte vergebens seine Beredsamkeit vor Kaiser und Reichsständen, bis er fruchtlos nach Italien zurückkehrte.
Der Papst schloß den Kongreß, nachdem er am 18. Januar eine Bulle erlassen hatte, worin er erklärte, daß fortan jede Berufung an ein Konzil, von wem immer sie ausgehen möge, als Ketzerei und Majestätsverbrechen bestraft werden solle. Die Bulle Execrabilis war das erstaunlichste Aktenstück, welches aus jenem Kongreß hervorging. In den Augen der Papisten mochte sie als dessen wahrer Zweck erscheinen. Sie hob das Werk von Konstanz und Basel auf; sie sollte die päpstliche Monarchie gegen die Flut der Konzilienbewegung sichern, welche seit dem Ausgange des mittelalterlichen Papsttums immer mächtiger gegen sie herangedrungen war. Die Berufung an das Konzil war die furchtbarste aller Waffen sowohl feindlicher Fürsten als reformbedürftiger Völker, und nun schmeichelte sich Pius II. mit dem Gedanken, diese Waffe für immer zerbrochen, die päpstliche Alleingewalt für immer gerettet zu haben. Als diese Bulle veröffentlicht wurde, konnte sich jeder Mann mit Erstaunen sagen, daß sie derselbe Piccolomini als Papst erließ, welcher einst zu Basel die Autorität des Konzils so eifrig verfochten hatte. Jetzt verbot er mit der Berufung an eine Kirchenversammlung auch die Reform der Kirche überhaupt, denn diese konnte nur durch jene irgendeinem Papste abgezwungen werden. Das Dekret in Mantua zu erlassen, war Pius II. dadurch bewogen worden, daß die französischen Gesandten, von denen er den Verzicht auf die pragmatische Sanktion von Bourges forderte, mit der Berufung an ein Konzil drohten. Dasselbe tat der Herzog Sigmund von Tirol, damals im heftigen Streit mit dem Kardinal Cusa um das von diesem besetzte Bistum Brixen. Pius erfuhr bald, daß seine Bulle mißachtet wurde; der kühne Rat Sigmunds, Gregor von Heimburg, einer der kraftvollsten Geister Deutschlands und ein Vorläufer der Reformation, appellierte an ein Konzil, worauf der Papst ihn am 18. Oktober 1460 mit dem Bann belegte. Der Streit zwischen Sigmund und Cusa erneuerte in kleineren Sphären den Kampf Ludwigs des Bayern mit dem Papsttum; er stellte in Heimburg einen Streiter auf, welcher die Grundsätze des Marsilius gleich kühn und mit noch schärferem Geist verfocht. Dieser Kampf gehört der deutschen Geschichte an, wo er sich in das schon sichtbare Gewebe der Reformation verschlingt, und wir gedenken seiner nur um jener dreisten Bulle Execrabilis willen, auf welche der deutsche Reformationsgeist durch Heimburg die Antwort gab.
Pius verließ Mantua am Ende Januar 1460, um sich nach Siena zu begeben, wo er am 31. eintraf. Er war krank und durch die ihn hindernden Weltverhältnisse tief enttäuscht. England, Spanien und Deutschland erfüllten dynastische Verwirrungen; außerdem war in Neapel der Krieg ausgebrochen. Dort standen viele Barone aus Haß gegen Ferrante und aus alter Anhänglichkeit zur Partei Anjou. Gianantonio Orsini von Tarent, Marino Marzano, Prinz von Sessa, der Marchese von Cotrone riefen den jungen Sohn Renés aus Genua, wo er für Karl VII. von Frankreich Regent war, da sich diese von Alfonso bedrängte Republik jenem Könige im Jahre 1458 in Schutz gegeben hatte. Johann von Lothringen-Anjou ließ sich durch die lange Reihe verunglückter Prätendentenzüge seines Hauses nach Neapel nicht abschrecken, sondern er erschien mit einer in Marseille ursprünglich zum Kreuzzuge gerüsteten Flotte schon im Oktober 1459 an jenen Küsten, worauf die meisten Barone sich für ihn erklärten. In kurzer Zeit sah sich Ferrante auf Neapel und Kampanien beschränkt. Die wachsende Macht Anjous verstärkte im Frühjahr 1460 Piccinino, während Sigismondo Malatesta, für welchen der Papst eben erst in Mantua den Frieden von Ferrante verlangt hatte, bundbrüchig wurde und die Waffen erhob. Der König suchte jetzt Rettung bei Sforza und dem Papst; beide schickten ihm Truppen, aber er verlor die Schlacht bei Sarno am 7. Juli 1460, und bald darauf siegte Piccinino über die päpstlichen Kapitäne Alessandro Sforza und Federigo von Urbino bei San Fabbiano in den Abruzzen.
Pius II. befand sich damals noch im Sienesischen, teils mit der Erbauung Pienzas beschäftigt, teils seine Gesundheit in den Bädern zu Macereto und Petriolo stärkend. Es war damals, wo Rodrigo Borgia durch sein üppiges Leben den Unwillen des Papsts erregte: der Vizekanzler der Kirche hielt in einem Garten Sienas Freudenfeste mit schönen Frauen, deren Männer dabei nicht zugelassen wurden. Pius schrieb ihm einen ernsten Brief, das erste Dokument zur Privatgeschichte des nachmaligen Alexander VI.
Aus Rom trafen immer schlimmere Nachrichten ein. Hier hatte die Abwesenheit der Kurie so gesetzlose Zustände erzeugt, daß sie an die dunkelsten Zeiten der Stadt erinnerten. Welchen Eindruck die damalige Bevölkerung auch auf gebildete Italiener machte, lehrt die Schilderung, welche Campanus, der Hofdichter Pius II., von ihr entworfen hat. Er war voll Sehnsucht in die Stadt gekommen, und bitter enttäuscht schrieb er seinem Freunde Matteo Ubaldo folgendes: »Das Volk ist den Barbaren ähnlicher als den Römern, widerlich anzusehen, von verschiedenartigem Dialekt, undiszipliniert, bäuerisch in seiner Kultur. Kein Wunder; aus der ganzen Welt strömt es ja in diese Stadt zusammen, wie in ein Tierbehältnis der Dienstbarkeit. Von den Bürgern haben nur wenige das Gepräge alten Adels bewahrt. Denn sie verachten den Ruhm der Waffen, die Größe des Reichs, die Sittenstrenge und die Rechtschaffenheit als etwas Veraltetes und Fremdes, und sie haben sich in Luxus und Weichlichkeit, in Armut, Hochmut und zügellose Lust gestürzt. – Die Fremden in Rom sind nur ein Schwarm von Knechten; da sind Köche, Wurstmacher, Kuppler und Possenreißer. Solche Menschen halten jetzt das Kapitol besetzt. Sie entehren mit dem Schmutz jedes Lasters die erlauchten Statuen der Catulli, der Scipionen und der Cäsaren, auf deren Stätten sie wohnen. Wer sollte nicht in der Erinnerung an die ruhmvollen Taten des römischen Volks, Senats und Heers ihr elendes Leben und den Wankelmut des Glücks beklagen, wenn er sieht, in welchen Unflat jene herrlichen Bildnisse gestürzt sind, während die Häuser der berühmten Römer, der Heerführer und Imperatoren jetzt im Besitze sind von Meuchelmördern, Köchen und Kupplern und ihre Inschriften Rauch der Garküchen und unsagbarer Schmutz bedeckt, wenn nicht Verachtung, Nachlässigkeit oder Alter sie überhaupt zerstört hat.«
Dies Gemälde ist boshaft und übertrieben, aber einige Wahrheit ist doch in ihm; es läßt die Elemente erkennen, in denen naturgemäß die Herrschaft der Borgia sich ausbildete. Campanus selbst war ein Pfaffendiener; daher überrascht es nicht, wenn er in demselben Briefe sagt: »Alle Würde ist bei den Priestern, die entweder Geburt oder Genie zu diesem Rang erhob.« Er setzt dann mit frecher Stirn hinzu: »Diese sind es, welche aus Rom das machen, was nicht die Kraft des Romulus, sondern die Heiligkeit des Numa aus ihm gemacht haben soll. Aber nicht alle können Priester sein.«
Die Zustände Roms jener Zeit bestätigen eine Wahrheit, daß nur die Freiheit ein Volk veredelt, die Unfreiheit aber die wahre Quelle der Entsittlichung ist. Wir haben das politische Leben der Römer immer tiefer verfallen sehen, bis es unter den Päpsten der Restauration erlosch. In Porcaro war die demokratische Bewegung schon zu den Zwecken Catilinas ausgeartet, in Tiburtius und Valerianus, den Helden des Jahres 1460, sank sie zum Banditenwesen herab. Das Schicksal dieser unglücklichen Brüder war durch schreckliche Erinnerungen an jenes des Porcaro geknüpft, denn ihr Vater Angelo de Maso hatte als dessen Mitschuldiger mit ihrem älteren Bruder den Tod durch Henkerhand erlitten. Blutrache und Freiheitsdrang quälte jene Jünglinge. Unfähig, eine politische Partei zu bilden, rotteten sie Altersgenossen zusammen, um Rom mit Schrecken zu erfüllen. Man zählte gegen dreihundert trotzige Jünglinge, darunter Söhne angesehener Häuser wie Specchi, Renzi und Rossi, welche die Stadt bei Tag und Nacht bewaffnet durchzogen. Der Governator mußte sein Haus auf Campo di Fiore verlassen und nach dem Vatikan flüchten. Dies machte die Rebellen dreister. Min fing Bürger auf, die sich dann loskaufen mußten; man raubte Frauen, ertränkte widerstrebende Mädchen, man plünderte Häuser von Gegnern. Am 30. März schrieb der Papst den Konservatoren: dies sei ein ihm selbst angetaner Schimpf: die erstaunte Welt werde sagen, daß er nicht mehr Herr über das römische Volk sei; er könne nicht begreifen, wie die Magistrate solche Frevel von Söhnen der Römer duldeten; man sage ihm, es geschehe, um seine Rückkehr zu erzwingen; er aber wolle selbst die Kurialen, die er dort gelassen, abberufen. Die Behörden Roms blieben machtlos; der Kardinal Cusa hatte längst die Stadt verlassen; Senator war Francesco degli Aringhieri von Siena.
Die Sekte des Tiburtius hatte Gönner in der Campagna, weil die Colonna, Savelli und Eversus sie als ihre Werkzeuge gebrauchen konnten. Diese Barone regten sich wieder, als der neapolitanische Krieg ausbrach; sie nahmen Partei für Anjou und setzten sich auch mit Piccinino und Malatesta in Verbindung. Palombara bei Tivoli, wo Jacopo Savelli Baron war, diente den Europäern als Asyl, sooft sie in Rom nicht sicher waren. Als am 16. Mai ein junger Römer ein Mädchen raubte, welches eben Hochzeit halten sollte, brachten ihn die Häscher aufs Kapitol; alsbald drang die Rotte des Tiburtius aus Palombara in die Stadt; sie schleppte einen Familiaren des Senators als Geisel zuerst in einen Turm bei S. Maria del Popolo, dann nach dem Pantheon. Neun Tage lang lagen die Räuber in dieser Kirche verschanzt, das umliegende Viertel brandschatzend. Man wagte nicht, sie anzugreifen; die Obrigkeit unterhandelte: der Gefangene wurde ausgeliefert, und lachend machte er das geraubte Mädchen zu seiner Frau. Trotzdem lieferten die Tiburtianer den Häschern Gefechte und begingen tausend Exzesse. Dies Unwesen war nur möglich, weil ein großer Teil des Volkes die Papstgewalt haßte und verstimmt war, sowohl über die Entfernung Pius II. als über seine Teilnahme am neapolitanischen Krieg. Er hatte seinen Nepoten Antonio zum Hauptmann von Truppen gemacht, die er dem König Ferrante zuführen sollte, und ihm zugleich aufgetragen, die Ruhe in Rom herzustellen. Er kam mit einem Reiterhaufen und richtete nichts aus. Die Empörer verschanzten sich erst in einem Turm bei S. Lorenzo in Lucina, dann im Palaste Capranica. Hier schwelgten sie am Tag, während sie nachts auf Raub auszogen. Tiburtius war ihr König. Endlich bewogen diesen römische Große zum Abzuge. Der junge Bluträcher schritt zwischen dem Konservator und dem Protonotar Georg Cesarini stolz durch die Stadt, vom Volk bis zum Tor begleitet, worauf er sich mit seinen Genossen nach Palombara zurückzog.
Nur mit Widerwillen entschloß sich Pius II. heimzukehren. Es bewog ihn dazu die Entdeckung einer Verschwörung, wonach der Fürst von Tarent, der Graf Eversus, die römischen Barone und Tiburtius den Condottiere Piccinino nach Rom rufen wollten. Piccinino war von den Abruzzen aufgebrochen in der Absicht, gegen die Stadt vorzugehen; zugleich bewältigte Malatesta Städte in den Marken und der Graf von Anguillara Orte im Patrimonium. Am 10. September 1460 verließ Pius Siena. In Viterbo erschienen die römischen Gesandten Antonio Caffarelli und Andrea Santa Croce, berühmte Rechtsgelehrte der Universität, welche ihm sagten, daß die Stadt seiner mit Ungeduld harre: er möge die Frevel der Jugend verzeihen. »Welche Stadt«, so entgegnete der Papst, »ist freier als Rom? Ihr zahlt keine Abgaben, ihr tragt keine Lasten, ihr bekleidet die ehrenvollsten Ämter, ihr verkauft euern Wein und euer Korn um beliebigen Preis, und eure Häuser bringen euch reichlichen Zins. Und außerdem, wer ist euer Gebieter? Etwa ein Graf, Markgraf, Herzog, König oder Kaiser? Nein, ein größerer als solche, der römische Papst, der Nachfolger Petri, der Stellvertreter Christi – dieser ist es, der euch Ruhm und Wohlstand verleiht, der euch aus der ganzen Welt Reichtümer zuführt.«
Man meldete, daß sich Piccinino Rom nähere, und die Kardinäle rieten dem Papst, in Viterbo zu bleiben, bis Federigo von Urbino und Alessandro Sforza heranziehe, denn leicht könnten die Römer Piccinino die Stadt öffnen. Pius erklärte, daß er dem Condottiere zuvorkommen müsse; wo nicht, würden Rom und Neapel verlorengehen. Besonders der Herzog Sforza bestand auf der Rückkehr des Papsts; er schickte ihm fünfhundert Reiter nach Viterbo. Langsam zog Pius über Nepi, Campagnano und Formello nach Rom. Auf seinem Wege fand er nichts zur Aufnahme gerüstet: man kaufte notdürftigen Bedarf an Wein und Brot. Der Governator und der Senator trafen den Papst an einer schattigen Quelle speisend, was er als Naturfreund zu tun liebte. Am sechsten Meilenstein begrüßten ihn die Konservatoren; sie brachten eine Schar junger Römer mit sich, welche die Sänfte des Papsts tragen sollten, und diese trotzigen Burschen waren meist Genossen des Tiburtius, was Pius übersehen mußte. Sein Einzug in Rom nach fast zweijähriger Abwesenheit war traurig genug, obwohl er vom Volk mit Ehren empfangen wurde. Er übernachtete bei S. Maria del Popolo und zog sodann am 7. Oktober (1460) in den Vatikan.
Rom fand er tief verstimmt. Denn Piccinino war bis Rieti gerückt und hatte Truppen nach Palombara vorgeschoben. Dies Kriegsvolk vereinigte sich mit dem der Barone, verheerte die Sabina, plünderte die orsinischen Güter und bedrohte die Wirtschaften der Römer mit neuem Untergang. In einer zweistündigen Rede vor dem Volksrat verteidigte Pius seine neapolitanische Politik; da man ihm seine Liebe zu den Sienesen vorgeworfen hatte, so beteuerte er seinen Patriotismus und folgerte sogar aus seinem Namen Aeneas Sylvius, daß sein Geschlecht römischen Ursprungs sei. Wenn seine Beredsamkeit die Römer nicht von der Richtigkeit seiner Staatsgründe überzeugte, so beruhigte doch seine Anwesenheit die Stadt. Daß sie ihm treu blieb, verdankte er noch mehr dem Glück als der Untätigkeit seiner Feinde. Wenige Päpste haben sich zu ihrer Ehre so wenig um Kriegswesen bekümmert wie Pius II. Den Kirchenstaat ließ er fast wehrlos; die Festungen beachtete er nicht; Truppen warb er nur so viele, als für die Unterstützung Ferrantes nötig schienen. Nach Rom war er mit einer kleinen Reiterschar zurückgekehrt, und die Bewachung der Stadt überließ er der Bürgerschaft. Zum Glück war Piccinino nicht stark genug; er fürchtete die Bewegungen Federigos, Alessandros und des Kardinals Forteguerra in seinem Rücken. Sein Versuch auf Tivoli war fehlgeschlagen.
Tiburtius forderte vergebens Piccinino auf, herabzukommen und dem verhaßten Priesterregiment in Rom ein Ende zu machen. Bald stürzte ihn seine eigene Tollkühnheit ins Verderben. Am 29. Oktober hatte sich Bonanno Specchio in die Stadt gewagt, wo er am Colosseum den Häschern in die Hände fiel. Hierauf drang Tiburtius mit vierzehn Genossen kühn in Rom ein, den Freund zu befreien. Sie ergriffen einen Sienesen, schleppten ihn mit sich fort und riefen das Volk zur Freiheit auf. »Es ist zu spät!« so antworteten ihm die Bürger. Die kühnen Jünglinge verfolgte der Senator Lodovico Petroni und der Majordomus des Papsts, Alessandro Mirabelli, mit Truppen. Man ergriff Tiburtius und fünf seiner Gefährten in einem Rohrgebüsch und führte sie gebunden nach dem Kapitol. Papisten verspotteten ihn auf dem Wege dorthin als Tribun und Restaurator der Republik. Er bekannte auf der Folter, daß ihm Wahrsager den Sturz der Priesterherrschaft geweissagt hätten und daß es sein Plan gewesen sei, sein Vaterland aus der Knechtschaft der Pfaffen zu befreien, deren Joch zu tragen für die Römer schimpflich sei; er habe sich deshalb mit Piccinino verbunden; ihre Absicht sei gewesen, die Stadt, zumal die Paläste der Kardinäle und besonders den Scarampos auszuplündern. Tiburtius zeigte im Tod ein edleres Gemüt als in seinem unglücklichen Leben. Er bat um nichts, als um schnelle Hinrichtung. Der Papst verbot, ihn zu quälen, und am 31. Oktober wurde der Verurteilte wie sein Vater im Kapitol gehenkt. Sein Schicksal teilten Bonanno Specchio, Cola Rossi und zwei andere Jünglinge. Die Justiz ereilte im März 1461 noch elf Römer, welche ihre Raubzüge von Palombara aus fortgesetzt hatten. Dies war der klägliche Ausgang der Verschwörung Porcaros, um Rom von der Priesterherrschaft zu befreien.
Jetzt hoffte Pius, Jacopo Savelli zur Unterwerfung überreden zu können: aber der trotzige Baron verwarf die Bedingungen und wurde deshalb in die Acht erklärt. Dringend bat der Papst Florenz und Mailand um Hilfe. Im Winter befreiten ihn endlich Alessandro Sforza und Federigo von der Nähe Piccininos, welcher nach den Abruzzen zurückkehrte. Schon vorher hatte sich Pius in den Besitz Terracinas gesetzt. In dieser dem König Ferrante auf zehn Jahre verliehenen Stadt hatte sich nämlich nach dessen Niederlage bei Sarno eine päpstliche Faktion erhoben; sie rief den Schutz der Kirche an, und Pius II. ließ Terracina durch seinen Nepoten Antonio besetzen, ehe ihm der Graf von Fundi zuvorkam. Zwar erregte das den Zorn Ferrantes und auch Sforzas, doch der Papst behielt diesen Schlüssel Kampaniens: am 21. Oktober 1460 bestätigte er den Terracinern ihre Autonomie und gab ihnen manche Privilegien.
Im folgenden Jahre unterwarf der Feldherr der Kirche, Federigo von Urbino, die ganze Sabina dem Papst. Im Juli 1461 unterwarf sich auch Savelli in Palombara. Pius schonte diesen Mann aus Rücksicht auf die römischen Großen, mit welchen er verschwägert war; er nahm ihm nur sieben Kastelle und ließ ihm die übrigen. Seither geriet das berühmte Haus der Savelli in immer tieferen Verfall; es behielt bald nur das steile Aspra und Palombara von allen seinen sabinischen Gütern übrig.
Jetzt konnte Pius, begleitet von Federigo, nach Tivoli reisen, wo er den Sommer zubrachte, eine Burg bauen ließ und in Muße seine Beschreibung Asiens entwarf. Auch als Papst liebte er nichts so sehr als ländlichen Aufenthalt. Nie erschien er liebenswürdiger, als wenn er sich mit dem Behagen eines Dichters und Antiquars auf Wanderungen in Latium, in Ostia, in Tivoli und dem Albanergebirge befand. In den Sommern besuchte er Etrurien und Kampanien, mit Entzücken in uralten saturnischen Städten verweilend, deren Geschichte und Zustand er beschrieb. Nur mit Heerhaufen oder auf der Flucht hatten frühere Päpste jene Gefilde durchzogen, welche Pius II., den Virgil in der Hand, gemächlich besuchte.
Seine Ruhe störte nur der Krieg mit Sigismondo und jener in Neapel. Der Bastard des Pandolfo Malatesta war ein Tyrann im vollen Sinn des Worts, frevelhaft, schön, tapfer, beredt, in humanistischen Studien bewandert und Atheist. Auf ihn und Astorre Manfredi von Faenza hatte Pius im Winter den Bann geschleudert, dessen Fluchformel an die finstersten Zeiten des Mittelalters erinnert und im Munde eines der gebildetsten Päpste um so gräßlicher erscheint. Der kraftvolle Tyrann schlug die Kapitäne des Papsts am 2. Juli 1461 bei Kastell Lione aufs Haupt, und noch zwei Jahre lang setzte er den Krieg fort.
Viel glücklicher gestalteten sich für Pius die Verhältnisse in Neapel, wo es galt, im Bunde mit Mailand die Franzosen zu vertreiben. Schon im März 1461 warf Genua deren Joch ab und machte Prospero Adorno zum Dogen. Erfolglos belagerten die befreite Stadt die Geschwader des Königs von Frankreich und Renés. Nach einer verlorenen Schlacht kehrte dieser entmutigt in die Provence zurück. Dasselbe Schicksal hatte bald sein junger Sohn Johann in Neapel. Ferrante, welchem Pius II. im Frühjahr 1461 Truppen unter seinem Nepoten zu Hilfe schickte, während selbst aus Albanien Skanderbeg Kastriota mit räuberischem Kriegsvolk herbeikam, wurde allmählich Herr seines Landes. Die päpstliche Hilfe bezahlte er durch reiche Lehen für Antonio, den Sohn Laudomias und des Sienesen Nanni Todeschini. Nepotismus verleitete Pius, diesen unbedeutenden Neffen groß zu machen, und Neapel, von jeher das Eldorado des Nepotenglücks, bot dazu die Mittel dar.
Im Jahre 1461 machte Ferrante jenen Antonio erst zum Herzog von Sessa, zum Großrichter des Königreichs, dann zum Herzog von Amalfi; auch vermählte er ihn mit seiner natürlichen Tochter Maria von Aragon. Noch größeres Glück war dem Nepoten zuteil, als Johann von Anjou überwunden war. Der von seinen Bundesgenossen, den Baronen, endlich auch von Piccinino verlassene Sohn Renés entwich im Sommer 1463 nach Ischia und von dort in die Provence. Pius nun, dessen Waffen diese Erfolge keineswegs entschieden hatten, beanspruchte im Namen der Kirche das schöne Herzogtum Sora, worin Pietro Cantelmi zu Lehen saß; denn damit wollte er seinen Neffen ausstatten. Federigo von Urbino und Napoleon Orsini eroberten zuerst die Burg Isola, worauf sich Arpino und Sora ergaben. Pietro schloß Frieden mit dem Papst, dem er alle jene Orte auslieferte; auch Pontecorvo, welches einst Alfonso von Eugen IV. erobert hatte, ergab sich den Päpstlichen. Damit nicht befriedigt, beanspruchte Pius auch Celano am Fucinersee, wo er einen Familienstreit zwischen der Gräfin Cobella und ihrem Sohne Ruggiero auf unredliche Weise ausbeutete. Ferrante widerstritt heftig diesen Forderungen, aber er hielt es doch für klug, nachzugeben, und Antonio Piccolomini wurde als Vasall der Krone Neapels mit der marsischen Grafschaft Celano beliehen.
Auch an Pius II. zeigte sich, wie unwiderstehlich für die Päpste der Reiz des Nepotismus war. Von den vier Söhnen Laudomias hatte er Antonio zum Herzog, Francesco zum Kardinal, Andrea zum Herrn von Castiglione della Pescaja, Giacomo zum Signor von Montemarciano gemacht. Niccolò Forteguerra, von mütterlicher Seite ihm verwandt und bald durch Kriegstaten berühmt, ward Kardinal; Giacomo Tolomei, in Rom verhaßt, Vogt der Engelsburg; Alessandro Mirabelli Piccolomini, welcher mit Ambrosio Spannochi eine Bank in Rom hatte, bekleidete das Amt des Hausmeisters und war Rector Frascatis; der Sienese Jacopo Ammanati, wie viele andere in des Papsts Familie aufgenommen, erhielt das Bistum Pavia und den roten Hut. Der innigste Vertraute des Papsts war sein Sekretär Gregorio Lolli, Sohn seiner Tante Bartolomea. Zahllose Sienesen wurden mit Ämtern ausgestattet; Siena, so konnte man sagen, blühte in Rom, wohin es ausgewandert schien. Selbst die selige Katharina verdankte Pius II. ihre Erhöhung in den Himmel der Heiligen. Wenn er den Türken Griechenland abgenommen hätte, so würde man in Hellas Piccolomini als Despoten gesehen haben. Jedoch wenigstens nicht auf Kosten des Kirchenstaats bereicherte Pius seine Nepoten, und diese Zurückhaltung bewies er auch, nachdem Malatesta bewältigt war.
Sigismondo, durch Federigo von Urbino und Forteguerra mit Erfolg bekämpft und bei Mandolfo am 13. August 1462 geschlagen, wandte sich um Vermittlung an die Venetianer, die, im Besitze Ravennas, den Tyrannen schützten, weil sie die Kirche am Adriatischen Meer nicht wollten mächtig werden lassen. Pius durchschaute die Absichten der Republik, welche gerade im Mai 1463 von Domenico Malatesta Novello das durch seine Salinen wichtige Cervia erkaufte; er wies sie mit Heftigkeit ab, bis er nach der Eroberung Fanos und Sinigaglias durch Federigo ihren Drohungen Gehör gab; denn eben belagerten die Venetianer Triest, wovon Pius einst Bischof gewesen war. Der Papst ließ Sigismondo von allen seinen Städten nur Rimini gegen Tribut und seinem Bruder Cesena und Bertinoro, aber auch diese letzten Städte der Malatesta sollten nach deren Tode an die Kirche zurückfallen. Der Vertrag vom Oktober 1463 zerstörte die Macht des berühmten Guelfenhauses von Verucchio, und so bahnte sich auch in jenen Landen die päpstliche Monarchie ihren Weg. Das Glück war Pius günstig; dieser Papst, welcher Kriege verabscheute, besiegte alle seine Feinde, eroberte deren Länder und vergrößerte den Kirchenstaat. Zwei Feldherren verhalfen ihm dazu, der berühmte Federigo und der mannhafte Kardinal Forteguerra. Mit Genugtuung sah er einst vom Monte Cavo, dem Gipfel des Albanergebirges, auf den weiten Kirchenstaat hinab, dessen herrliche Gefilde von jener entzückenden Höhe der Blick umspannen kann, soweit sie von Terracina bis zum Kap Argentaro reichen; ein Land, welches, wenn es auch sonst nichts enthielte als die Alma Roma, seine Beherrscher dennoch Kaisern gleichzumachen scheint.