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Der zweite große Name der akkadischen Geschichte ist Naramsin, der Enkel Sargons (um 2530). Von ihm kündet eine prachtvolle Stele. Der Vorgang einer Entscheidungsschlacht: die Einnahme der beherrschenden Paßhöhe durch den König selbst, das siegreich nachdringende Heer, die wilde Flucht der Feinde: All dies ist in dem sicher komponierten Steingemälde mit großartiger Symbolik zusammengefaßt, und der König ist ein wirklicher König, nicht, wie so oft in der orientalischen und auch in der abendländischen Kunst, der bloße Firmenstempel der Königswürde. Naramsin erweiterte sogar noch die Eroberungen Sargons. Aber nach ihm (er regierte achtunddreißig Jahre) beginnt der rasche Verfall: dieses starke, nicht, wie die meisten asiatischen Großherrschaften, bloß in der Titulatur vorhandene Imperium, in dem nach damaliger, freilich nur bildlicher Vorstellung die Sonne nicht unterging, denn es reichte bis zum »Meer des Sonnenuntergangs«, hat ebensowenig Bestand gehabt wie alle seine Vorgänger und Nachfolger. Um 2470 sehen wir wieder einmal den Süden triumphieren: die Fürsten von Ur nennen sich jetzt »König von Sumer und Akkad«. Aber das akkadische Element ließ sich nicht mehr ignorieren: es ist offenbar nur zu einer Personalunion gekommen, etwa wie in der österreichisch-ungarischen Monarchie. Auch die Doppelsprachigkeit ist bezeugt. Andrerseits ist noch lange nach der episodischen Vorherrschaft von Ur, die nur wenig über hundert Jahre währte, das Sumerische, wie bereits erwähnt, in ganz Mesopotamien die Sprache der Wissenschaft, Literatur und Gesellschaft geblieben, ähnlich wie bis vor noch gar nicht langer Zeit das Chinesische in Japan.
Um 2400 verheerte der Einfall eines barbarischen Stammes der Gutäer oder Guti, die in den Gebirgen nördlich des 302 mittleren Tigris hausten, ganz Nordbabylonien; der Süden aber, der, wahrscheinlich durch ein Schutz- und Trutzbündnis mit Elam, der Gefahr rechtzeitig zu begegnen wußte, blieb verschont, und dort, in Lagasch, lebte um diese Zeit ein frommer, weiser und kunstsinniger Fürst, der Priesterkönig Gudea. Ihn beschäftigten nur Werke des Friedens: Aus allen Weltgegenden ließ er kostbare Hölzer, hartes Gestein, edle Metalle kommen, um seine Stadt zu Ehren der Götter zu schmücken. Auch dem Rechtswesen galt seine Fürsorge. In dem Gesetzbuch, das auf ihn zurückgeht, findet sich der Begriff des Dolus, der den Mesopotamiern später wieder abhanden gekommen ist: Es wird ein deutlicher Unterschied gemacht zwischen vorsätzlichen und fahrlässigen Delikten, zum Beispiel zwischen absichtlicher und zufälliger Verletzung einer Schwangeren. Einige schöne Dioritstatuen haben sein Bild aufbewahrt: Sie zeigen das milde Antlitz und die entspannte Haltung eines heiter in sich gekehrten Gottesknechts.