Egon Friedell
Kulturgeschichte des Altertums
Egon Friedell

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Ba'al

Überall im Lande errichtete man Jahwe Altäre aus Erde oder rohen Blöcken: Das Behauen des Steins hätte als Entweihung gegolten. Die Felsstücke wurden entweder zu einem Haufen getürmt oder in der Runde aufgestellt: einen solchen magischen Kreis nannte man gilgal. Als Ort wählte man gern Höhen, 457 Haine oder zumindest die Nähe eines mächtigen immergrünen Baumes. Die heiligen Steine salbte man mit Öl, wie dies schon Jakob in der Genesis tut. Im übrigen lag es nahe, daß der Kultus Jahwes mit dem der kanaanitischen Götter verschmolz, denn nach antiker Anschauung ist der Gott der Besitzer des Landes: wer dieses betritt, begibt sich in seinen Dienst. Auch hatten die Urisraeliten, als reine Beduinen, für Tätigkeiten des seßhaften Lebens wie Hausbau, Weinbau, Feldbau keine eigenen Gottheiten und mußten sich schon aus diesem Grunde, wie wir soeben sahen, an die fremden halten. Dazu kam noch die unvermeidliche Infektion durch die stete Berührung mit den Eingeborenen. Und in der Tat war die Fremdgötterei in Israel nicht nur eine dauernde Gefahr, sondern auch zu vielen Zeiten die wirklich bestehende Religionsform. Im Grunde war ja auch Ba'al Jahwe gar nicht so unähnlich, wie es nach den Bannflüchen der Bibel den Anschein hat. Auch er war ein heißblütiger Naturgott, fruchtbar und furchtbar, gütig und grausam, auch er wurde auf Höhen, den bamot, verehrt. Von den Orgien freilich, mit denen er gefeiert wurde, und den Prostituierten, die ihm geweiht waren, findet sich im Mosaismus keine Spur; aber gerade diese bösen Dinge haben eine große Anziehungskraft ausgeübt. Ba'al ist, wie bereits im vorigen Kapitel dargelegt wurde, eigentlich ein Gattungsbegriff; da aber jedes Land seinen Ba'al hatte und nur diesen, konnte er viel leichter zum einzigen Gott werden als etwa Zeus in Hellas oder Amon in Ägypten. So sehen wir Jahwe und Ba'al einander wie zwei Prätendenten gegenüberstehen, die beide die Alleinherrschaft beanspruchen.


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