Egon Friedell
Kulturgeschichte des Altertums
Egon Friedell

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Purpur

Ein noch viel kostspieligerer Luxus war der Purpur. Die griechischen Hauptfundorte der Purpurschnecke waren die Küsten Kytheras, Lakoniens und des korinthischen Golfs. An dessen Nordseite, in Phokis, war sie so zahlreich, daß die halbe Einwohnerschaft von ihr lebte. Der lakonische Purpur stand nur hinter dem weltberühmten tyrischen zurück. Der Saft ist ursprünglich weißlich und färbt sich erst unter der Einwirkung der Sonne in der Reihenfolge: zitronengelb, grüngelb, grün, violett, dunkelviolett; je nachdem man den Prozeß früher oder später unterbrach, konnte man die verschiedensten Nuancen erzielen. Gewisse Sorten hatten mehr einen Stich ins Rote; durch Verdünnung erhielt man Karmin und Lila, durch doppelte Färbung fast Schwarz: daher spricht Homer von »purpurner Nacht«. Die Herstellung war sehr kompliziert und kostspielig, denn jede Muschel gab nur ein paar Tropfen Farbstoff; eine einzige Fabrik verbrauchte jährlich Millionen. Die moderne Chemie ist imstande, nicht nur »synthetischen Purpur« um etwa ein Tausendstel des antiken Preises zu erzeugen, sondern auch andere, noch viel prachtvollere Farben. Trotzdem muß der antike Purpur in seinen verschiedenen Tinten: als Veilchen, Hyazinth, Gold, Amethyst, Rosen und Blutpurpur, die vielleicht auch durcheinander schillerten und, wie man behauptete, im Alter immer schöner wurden, ein 614 geheimnisvolles Etwas gehabt haben, das jeder Chemie spottet. Wir müssen dies aus der jahrhundertelangen Purpurleidenschaft der Griechen schließen, in denen Farbensinn und Farbenfreude zu einem Grade entwickelt waren wie bei keinem zweiten Volk der Welt.


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