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Aber wie dem auch sei: Zur Zeit ihrer Könige hielten sie es mit Ba'al. Während sich Juda einer relativen Ruhe erfreute, war das Nordreich der Schauplatz blutiger Thronkämpfe, bis es ein halbes Jahrhundert nach der Reichsteilung, 887, Omri gelang, eine Dynastie mit der Residenz in Samaria zu begründen, das von da an die Hauptstadt blieb. Dort wurden unter Omris Sohn Ahab, der von 876 bis 855 regierte, dem Ba'al von Tyros Tempel errichtet; daß dabei die Anhänger Jahwes grausam verfolgt wurden, ist spätere Legende. Vielmehr wollte man sich die Gunst beider Götter sichern, wie dies hundert Jahre früher auch Salomo getan hatte. Aus der Zeit Ahabs stammt die Inschrift des berühmten Mesasteins, die 1869 entdeckt wurde. Mesa, König von Moab, erzählt darin von den Kriegen, die er gegen Israel unter Führung seines Stammgottes Kamos unter nahm: »Omri war König in Israel und bedrückte Moab lange Zeit, denn Kamos zürnte seinem Lande. Ihm folgte sein Sohn und sagte: auch ich werde Moab bedrücken.« Aber auf Befehl des Kamos erobert Mesa drei Städte, tötet die Einwohner »zur Augenweide für Kamos« und entführt die »dem Jahwe geweihten« Altarstücke. Wie man sieht, ist Kamos der Jahwe von Moab: Er grollt seinem Volke, versöhnt sich mit ihm, führt es in den Kampf, verleiht ihm Sieg und labt sich am Blute der Feinde.
Auch die Omriden hatten nicht allzu lange Bestand. Um 845 wurde ihr gesamtes Geschlecht von dem Kriegsobersten Jehu ausgerottet. Dieser, ein blutrünstiger Kondottiere vom Schlage Joabs, war ein Werkzeug des Propheten Elisa oder dieser das seinige. Elisa war der Ba'alsdienst, dem Joram, Ahabs Sohn, 462 besonders eifrig ergeben war, ein Greuel, und als dieser zur Erholung in Jesreel, einer Niederung im Norden Palästinas, weilte, ließ er Jehu zum König salben. Darauf sammelte Jehu seine Anhänger, überfiel den ahnungslosen Joram in Jesreel und ermordete ihn mitsamt seiner Familie und seinem Hof. Auch die gesamte Ba'alspriesterschaft wurde niedergemetzelt. Es war ein Offiziersputsch etwa von der Art des serbischen im Jahr 1903. Sehr dramatisch ist im zweiten Buch der Könige geschildert, wie der Wächter die Reiter und Wagen heranjagen sieht, wie Joram ihnen einen Boten entgegenschickt und noch einen und keiner wiederkehrt, wie er sich dann selber aufmacht und ihn Jehu von hinten durchs Herz schießt, wie die hochfahrende Königinmutter Isebel von zwei Kämmerern aus dem Fenster gestürzt wird und alle Königssöhne hingeschlachtet werden. Die Dynastie Jehus, die letzte samaritanische, hielt sich, obgleich eine reine Militärherrschaft, die im Volke niemals Wurzeln schlug, ein volles Jahrhundert lang; man weiß aber sehr wenig über sie.
Die Könige befanden sich in einer sehr prekären Lage zwischen Ägypten, Assyrien und der geheimen Koalition der stets auf Abfall lauernden syrischen Vasallenfürsten, und ihre Außenpolitik war daher zu unaufhörlichem Schwanken verurteilt. Vor der Zerreibung hätte nur die entschiedene Anlehnung an die faktisch überlegene unter den drei Mächten, die mesopotamische, retten können, wozu die Propheten stets rieten. Nachdem Tiglatpileser, wie wir bereits hörten, das Reich von Damaskus vernichtet hatte, fiel im Jahr 721 Samaria in die Hände seines Nachfolgers Salmanassar. Die Assyrer griffen zu ihrer alten Methode des »Ausreißens« und verpflanzten einen großen Teil der Einwohner an die Ufer des Euphrat. Dort haben sie sich unter den Heiden spurlos aufgelöst. Der zurückgebliebene Rest verschmolz mit den Aramäern des Nordens, den Ammonitern und anderen verwandten und doch fremden Völkerschaften. Die Israeliten verschwinden aus der Geschichte. 463