Artur Fürst / Alexander Moszkowski
Das Buch der 1000 Wunder
Artur Fürst / Alexander Moszkowski

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

84. Unsterbliche Tiere

Quelle: Zeitschrift »Prometheus«. Verlag Rudolf Mückenberger, Berlin. Z.

In bestimmten Naturforscherkreisen glaubt man aus Versuchen folgern zu dürfen, es sei das berühmte Kräutlein gegen den Tod, das die Menschen schon so lange vergeblich suchen, von jenen Tieren gefunden, die auf der untersten Stufe der Entwicklungsleiter stehen. Man nimmt an, sie hätten das ewige Leben, aber freilich die Ewigkeit in einem so primitiven Leben, daß es kaum schon ein solches zu nennen ist.

Die Protozoen, jene einfachsten, nur aus einem Klümpchen unorganisierten Protoplasmas bestehenden Urtiere vermehren sich bekanntlich durch Teilung. Zum Zweck der Fortpflanzung spaltet sich jedes von ihnen in zwei Teile, und jedes der beiden abgeschnürten Stücke wächst wieder zu einem vollständigen Tier heran. „Weismann stellte als erster die Behauptung auf, daß die Protozoen unsterblich seien, weil das Plasma jeder Zelle nach der Teilung in den Tochterzellen restlos weiterlebe. Der Tod sei keine Notwendigkeit im Entwicklungsgang der Protozoen, wenn diese auch in Wirklichkeit infolge ungünstiger Einflüsse zu Millionen stürben.

Die Behauptung Weismanns wurde von Maupas angezweifelt, der die Ansicht vertrat, daß das Protoplasma der Protozoen, wenn es nicht zeitweise eine Verjüngung durch Verschmelzung mit einer andern Zelle erfahre, allmählich an Altersschwäche zugrunde gehen müsse. Maupas züchtete Exemplare von dem Protozoon Stylonychia in Nährflüssigkeit und isolierte jedesmal die durch Teilung neu entstandene Zelle von allen übrigen, so daß jede Konjugation (Vereinigung) ausgeschlossen war. Er erhielt auf diese Weise zahlreiche Generationen von Zellen, beobachtete aber, daß in der 200. oder 220. Generation die Teilungsfähigkeit nachließ, und das Protozoon an Altersschwäche starb.

Diese Versuche sind neuerdings von Woodruff wiederholt worden, und zwar mit ganz anderem Ergebnis. Er arbeitete mit der Wimperinfusorie Paramaecium aurelia, die sich unter natürlichen Bedingungen längere Zeit durch Vierteilung vermehrt, um dann gelegentlich Verschmelzung zweier Zellen herbeizuführen. Bei Ausschluß jeder Konjugation brachte es Woodruff nun im Lauf von 5½ Jahren auf 3340 Generationen. Durchschnittlich erfolgten in je 48 Stunden drei Teilungen. Die Teilungsgeschwindigkeit war Schwankungen 111 unterworfen, doch wurden nie Perioden besonderer Schwäche beobachtet, und die jüngste Generation war noch ebenso kräftig wie die Stammmutter.

Nach diesem Resultat glaubt sich Woodruff zu der Annahme berechtigt, daß das Protoplasma einer einzigen Zelle unter günstigen äußeren Umständen ohne Hilfe von Konjugation imstande ist, sich unbegrenzt fortzupflanzen, und daß Altern und Befruchtungsbedürfnis nicht Grundeigenschaften der lebenden Substanz sind.”

Danach wären Protozoen also unsterblich. (Siehe auch den folgenden Abschnitt.)


 << zurück weiter >>