Artur Fürst / Alexander Moszkowski
Das Buch der 1000 Wunder
Artur Fürst / Alexander Moszkowski

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95. Irrgänge des Aristoteles

Quelle: Dr. Fritz Mauthner: »Aristoteles«. Verlag von Bard-Marquard, Berlin, 1904.

Die Bedeutung des Lehrmeisters der Menschheit wird nicht verkürzt, wenn man seinem überragenden Aktivum die Debetseite entgegenhält. Dieses Gegen-Konto hat Fritz Mauthner in einer angriffslustigen Sonderschrift über den großen Stagyriten aufgemacht, und es finden sich darin wunderbare Dinge.

Aristoteles glaubte und lehrte, daß der hintere Teil des menschlichen Schädels völlig leer, und das Gehirn selbst ohne Blut sei. Er leugnet ausdrücklich, daß das Gehirn Empfindung besitze; es sei der kälteste Teil des Körpers und diene dazu, die Wärme des Menschen zu mäßigen.

Leute mit großen Köpfen und engen Adern – verkündet Aristoteles – schlafen viel, weil die Feuchtigkeit des Körpers durch die engen Adern nicht rasch genug emporsteigen könne, und weil der große Kopf zu viel Feuchtigkeit verdampfe.

124 Nach Aristoteles haben die Männchen mehr Zähne als die Weibchen, sowohl bei Menschen wie bei Schafen, Ziegen und Schweinen.

Nach Aristoteles gibt es eine Gattung Ochsen, die einen Knochen im Herzen tragen.

Das Blut ist in den unteren Körperteilen dicker und schwärzer als in den oberen, das Blut des Weibs dicker und schwärzer als das des Manns, und darum ist der Mann, darum sind die oberen Körperteile edler.

Das Rebhuhnweibchen wird befruchtet, wenn der Wind vom Männchen herweht. Zu gewissen Zeiten wird es aber schon von der Stimme des darüberhin fliegenden Männchens befruchtet.

Vom Biß eines tollen Hunds wird jedes andere Tier toll gemacht, nur nicht der Mensch.

Die linke Körperseite ist beim Menschen die kältere.

Der Mensch allein (im Gegensatz zu den Tieren) besitzt Fleisch an den Beinen.

Es gibt Einhörner; das einzige Horn besitzt infolge seiner mittleren Stellung einen höheren Wert.

Ein Tropfen Wein in einem großen Faß Wasser wird zu Wasser.

Jedes Sinnesorgan ist einem Element zugeordnet: das Auge besteht aus Wasser, der für Schalleindrücke empfängliche Teil aus Luft, der Geruch aber aus Feuer usw.

Alles das hat man Aristoteles lange Zeit geglaubt. Erstaunlich aber ist, daß seine irrtümliche Feststellung, die Fliegen hätten vier Beine, noch in Lehrbüchern aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts zu finden ist. Und die Feststellung des richtigen halben Dutzends Fliegenbeine wäre doch dem Menschen schon früher nicht gerade übermäßig schwer gewesen!


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