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Wie viele Schwertlilien (Iris) mag es geben? Keiner weiß es; die in dem großen Staudenbuch von Silva-Tarouca und Camillo Schneider genannten Arten erscheinen als sehr unvollständig, wenn man die Preisliste des größten Züchters C. G. van Tubergen in Haarlem dagegen hält. Solche Listen sind für den Blumenfreund, auch wenn er kein Vollständigkeitsnarr ist, zum Verzweifeln. Nicht nur die Kosten schrecken, es fehlt auch an Raum, obwohl ein leidlich großer Garten erstaunlich dehnbar ist. In Tubergens Verzeichnis, dem kleinen für uns arme Deutsche – das für die Engländer ist größer –, gibt es 7 Riesenspalten für Schwertlilien, und Jahr für Jahr kommen neue Arten hinzu. Riesengroß – hoffnungslos!
Man muß sich bescheiden, aber leicht wird das einem nicht bei solchen Namen wie Frithjof, Ingeborg, Flammenschwert, Lohengrin, Oriflamme, Rheinnixe und den daneben stehenden Farbenbeschreibungen.
Wie für so manche Stauden – Lilien, Goldschöpfe (Chrysanthemen), Pfingstrosen – ist Japan das Ursprungs- und Züchterland, das uns Europäer wild macht. Die herrlichsten Schwertlilien kommen aus Japan sie führen den wissenschaftlichen Namen › Iris Kaempferi‹, aber der bedeutet doch nur, daß ein Deutscher Forscher sie zu uns gebracht hat. Sie werden von den Japanern natürlich mit japanischen Unterscheidungsnamen bezeichnet, die uns gar nichts sagen; aber ich habe Deutsche Verzeichnisse gesehen, in denen diese unbehaltbaren und sinnlosen Namen stehen! Sie bedeuten im Japanischen gewiss etwas sehr Schönes, Dichterisches es wäre eine Kleinigkeit, die Bedeutung zu erfahren und sie mit sinnvollen Deutschen Namen anzubieten; doch nein, ich soll wählen zwischen Gekk-no-nami, Schisohi-ikari, Komotscho-gumi und 30 ähnlichen Geheimnissen. Es ist immer von neuem verwunderlich, welcher Dummheiten der menschliche Geist fähig ist.
Wie erklärt der Naturforscher die seltsame Scheidung der ganzen Gattung, mit ihren der Form nach sehr ähnlichen Blumen, in die Schwertlilien aus Zwiebeln und die aus Wurzelwerk (Rhizomen)? Ist die Zwiebel oder die Wurzel die zeitlich oder artlich höhere Bildung? Zu solchen Fragen wird der unwissendste Laie getrieben.
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Es gibt Sehenswürdigkeiten ersten Ranges in Deutschland, von denen Bädeker, der alles weiß, nichts sagt; von denen keine Zeitung spricht, von denen nur einige Geweihte, Eingeweihte unter einander raunen. Ich nannte schon den Rosenhain (›Rosarium‹!) der Stadt Sangerhausen (S. 363), ich nenne die Rosenfelder von Peter Lambert in Trier; die Krone aber gebührt der Züchterei von Rhododendren und winterharten Azaleen des Meisters Rudolf Seidel in Grüngräbchen, einem Dorf in der Oberlausitz. Höret die Zahlen: gegen 300+000 ausgewachsene Rhododendren aller Arten, aller Farben, fast 100+000 Azaleen! Mehr als dreiviertel aller Rhododendren in Deutschen Gärten und öffentlichen Anlagen stammen her aus Seidels Schöpferwald. Es gibt darunter Stauden von 12 Fuß Höhe und 6-10 Fuß Breite. Stellt euch solch Gebilde im Mai vor mit seinen mehr als 200 großen Dolden! Wer die englische Südküste bereist hat, kennt den ›Rhododendron-Wald‹ des Grafen Malmesbury bei Bournemouth; – er ist großartig, aber eintönig: die baumgroßen Rhododendren sind alle von einer Farbe, alle lila, und – man ermüdet an dieser einen Farbe. Seidel. Rhododendron-Wald ist ein überwältigender Farbenrausch, etwas Unvorstellbares. Die paar Stunden, die ich in ihm zugebracht – ich habe nicht den vierten Teil gesehen – ›leuchten unter den unvergeßbarsten meines Lebens.
Rudolf Seidels Verdienst liegt bei weitem nicht so sehr in der Massenerzeugung wie in dem von ihm durch mehr als ein Menschenalter angestrebten und schließlich erreichten Ziel: dem in Deutschland und den Ländern mit ähnlichem Wetterstrich völlig, unbedingt winterharten Rhododendron. Welcher Fleiß, den keine Mühe bleichet, in Seidels Züchterarbeit steckt, kann nur der Fachmann voll würdigen. Deutschland darf auf diesen Wann und sein Werk stolz sein.
Über seine Azaleenhaine sage ich lieber gar nichts, denn ohne farbige Begleitbilder ist alles Gesagte fahl und schal.
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Über die Pfingstrosen steht schon einiges so nebenher bei den Rosen. Unsre Gäste wundern sich über keine der ihnen gezeigten Stauden so sehr wie über die Pfingstrosen. Die Allermeisten kennen nur die alte dunkelrote der Bauerngärten. Diese sind so gut wie verschwunden; an ihre Stelle sind Pflanzen in allen Farben – wieder mit Ausnahme einer einzigen: der blauen – getreten, wetteifernd mit den schönste. Rosen, in neuster Zeit auch an Duft. Und diese berauschend wonnigen Gebilde des Zusammenwirkens von Natur und Menschenwitz kosten durchschnittlich 50 Pfennig! In drei Jahren ist aus der kleinsten Pfingstrose ein Busch von Meterbreite geworden. Und winterhart! – von unsern 92 Pfingstrosen ist in dem furchtbaren Winter von 1928 auf 29 keine einzige erfroren, obwohl sie alle ohne Bedeckung geblieben waren. Wie schützt sich solche krautstenglige Staude gegen eine Kälte von 35 Grad? Aber auch von unsern aus Yokohama bezogenen Pfingstrosen ist keine dem Frost erlegen.
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Ich möchte noch von den Primeln sprechen, von den etwa 200 bisher gefundenen oder neugezüchteten Arten, – es ist unmöglich, die Fülle der Gesichtlein versetzt einem Wort und Schrift. Und dann die Dahlien – reicht die Zahl 1000? –, die Schwertel (Gladiolen) – W. Pfitzer in Stuttgart erzeugt allein jährlich einige Dutzend neue –, die Steinbreche, die Prachtspieren (Astilben) – sie alle erdrückend durch Zahl, Schönheitswettkampf, Eigenwesen jeder Unterart. Ich ende. Ein Gartenbesitzer hat es schwer, oh um wie viel schwerer als ein Freund der Kunst, z. B. der Dichtung. Bismarck traute sich zu, mit 8-10 Bänden Goethe das Leben auf einer einsamen Insel zu ertragen. Wie viele verschiedene Blumen muß der gebildete Mensch in seinem Garten haben, unbedingt haben? Wir haben mehr als einmal eine strenge Auswahl des Allernotwendigsten getroffen: es kamen zehnmal mehr Blumenarten zusammen als unbedingt zu lesende Bücherbände.